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Zwangsarbeit und Oral History. Grundlagen und praktische Übungen

(31 609)

TypWahlveranstaltung
InstitutionOsteuropa Institut
Lehrstuhl für Geschichte Ostmitteleuropas
SemesterWS 08/09
Veranstaltungsumfang2 SWS
Leistungspunkte10 cr
RaumKoserstr. 20 A 125 (Übungsraum)
Beginn16.10.2008
Zeit

Do 12-14

Als vor 63 Jahren der Zweite Weltkrieg endlich beendet war, stellten die ehemaligen ZwangsarbeiterInnen als Displaced Persons für Alliierte und Deutsche eine soziale Belastung dar. Beide Seiten wollten (wenn auch aus unterschiedlichen Gründen) das „Problem“ v.a. durch eine möglichst schnelle Repatriierung lösen. Eine Folge dieser Lösungsstrategie war, dass die ZwangsarbeiterInnen, besonders diejenigen, die aus Osteuropa nach Deutschland deportiert worden waren, zu einer vergessenen Opfergruppe des Nationalsozialismus wurden. 50 Jahre nach Kriegsende hatte die Vergangenheit das wiedervereinigte Deutschland eingeholt (Entschädigungsdebatte). Das Thema erlebte einen unerwarteten Boom und die Literatur ist inzwischen nicht mehr zu überblicken. Nun, da auch die damals jüngsten Deportierten bald nicht mehr leben werden, erhalten Sammlungen lebensgeschichtlicher Interviews ehemaliger ZwangsarbeiterInnen zunehmende Bedeutung. An der FU wird zurzeit ein Archiv mit fast 600 lebensgeschichtlichen Interviews für die Nutzung in Forschung, Lehre und Bildung erschlossen.

In dem geplanten Seminar (Hauptstudium) wird zum ersten Mal mit diesem Material gearbeitet werden.
In einem „theoretischen Teil“ sollen Grundkenntnisse zur Zwangsarbeit im Nationalsozialismus erworben und die Möglichkeiten und Grenzen der „Oral History“ diskutiert werden. Im zweiten, „praktischen“ Teil werden Probleme der Übersetzung und Erschließung der Sammlung besprochen und diverse Verfahren am Material des Projektes „Erinnerungen an Zwangsarbeit“ erprobt (die Interviews wurden nicht nur auf Deutsch, sondern in 25 weiteren Sprachen geführt). U.a. werden ausgewählte Interviews aus der jeweiligen Originalsprache ins Deutsche übersetzt und verschlagwortet. Daher sind gute Fremdsprachenkenntnisse eine Voraussetzung für die Teilnahme. Das Seminarangebot richtet sich nicht nur an OsteuropahistorikerInnen, sondern an alle interessierten Studierenden mit geisteswissenschaftlicher Ausrichtung. Auf Wunsch kann der „praktische Teil“ im SS 2009 fortgesetzt werden.

Literatur:
Herbert, Ulrich, Fremdarbeiter. Politik und Praxis des „Ausländer-Einsatzes“ in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches, 1. Aufl. Berlin 1985, Neuaufl. Bonn 1999.

Ders.: Europa und der „Reichseinsatz“. Ausländische Zivilarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge in Deutschland 1938–1945. Essen 1991.

Jureit, Ulrike, Erinnerungsmuster. Zur Methodik lebensgeschichtlicher Interviews mit Überlebenden der Konzentrations- und Vernichtungslager, Hamburg 1999.

Niethammer, Lutz: Fragen – Antworten – Fragen. Methodische Erfahrungen und Erwägungen zur Oral History. In: ders. / Alexander von Plato (Hg.): „Wir kriegen jetzt andere Zeiten.“ Auf der Suche nach der Erfahrung des Volkes in nachfaschistischen Ländern. Berlin / Bonn 1985, S.392–445.

Zur Website des Friedrich-Meinicke-Instituts
Zentrum für Historische Forschung der Polnischen Akademie der Wissenschaften
Zur Website des Netzwerks Area Histories
Zur Mediothek des Osteuropainstituts