Krieg und Frieden. Ein Roman macht Geschichte
(31603)
Typ | Master: Kernkurs Modul B; Magister: Hauptseminar |
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Raum | Garystr. 55 301 |
Beginn | 14.04.2010 |
Zeit | Mi 16-18
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In den 1860er Jahren entstand Tolstojs großer Roman „Krieg und Frieden“. Tolstoj behandelt darin die historische Zeit der Napoleonischen Kriege 1805-1812, die mit einem Sieg Russlands endeten. Mit dem „Vaterländischen Krieg“ gegen Napoleon endete die kulturelle Hegemonie Frankreichs in der russischen Aristokratie. Die gemeinsame Vaterlandsverteidigung durch Adel und Bauern generierte ein neues Nationalgefühl, und nach 1812 begann die Russifizierung der kollektiven Identitätsentwürfe der politischen und kulturellen Eliten. Auch die Entstehungszeit des Romans war durch die Reformen Alexanders II. eine Zeit des Umbruchs, in der Tolstojs Roman eine Schlüsselrolle in der nationalen Selbstvergewisserung zukam. Die Mischung historischer und fiktiver Elemente und das Verfahren der Retrospektivität lösten bereits unter zeitgenössischen Lesern eine Debatte über Tolstojs Geschichtsverständnis aus, die Isaiah Berlin 1953 in seinem berühmten Essay „Der Igel und der Fuchs“ wieder aufnahm. In diesem Seminar soll am Beispiel von Tolstojs Roman die „Geschichtlichkeit von Texten“ und die „Textualität von Geschichte“ (Louis Montrose) in den Blick genommen und über die methodischen Implikationen der Nutzung von Belletristik als historischer Quelle diskutiert werden (Russisch-Kenntnisse von Vorteil, jedoch nicht Teilnahmevoraussetzung).
Literatur:
- Leo Tolstoi, Krieg und Frieden (Übersetzung: H. Röhl), Köln 2007.
- Isaiah Berlin, Der Igel und der Fuchs. Essay über Tolstojs Geschichtsverständnis, Frankfurt a.M. 2009.
- Orlando Figes, Nataschas Tanz. Eine Kulturgeschichte Russlands, Berlin 2003.
- Jeff Love, The Overcoming of History in War and Peace, Amsterdam u.a. 2004.