Geschichte im Objektiv. Fotografie als Quelle über den Holocaust in Osteuropa
(31609)
Typ | OEI-Master: Sem. Modul E; FMI-Bachelor: Seminar Modul 7 |
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Dozent/in | Tanja Kinzel |
Raum | Ihnestr. 22 22/G |
Zeit | Dienstag 16-18 Uhr |
„Fotografien sind nicht sklavische Abbilder des Objektes, souverän, subjektiv, individuell wie die Linse des menschlichen Auges, sieht auch die der Kamera.“ Rudolf Arnheim, 1929
Weltsicht, Werte, moralische Einstellungen und ästhetische Vorlieben beeinflussen die Gestaltung der Aufnahmen durch die Fotografierenden, aber auch die Art der Selbstpräsentation der Fotografierten sowie die Interpretation und Verwendung der Bilder durch die Rezipienten/innen.Zu den bekanntesten visuellen Repräsentationen der Shoah gehören Gewaltbilder, Leichenberge und stereotype Fotografien alter, verarmter Männer mit Hut, Bart und Pejes sowie zerlumpter, bettelnder Kinder. Die Entstehungsgeschichte dieser Bilder, die meist von Fotografen der Propagandakompanien (PK) oder von Wehrmachtssoldaten aufgenommen wurden, wird häufig nicht thematisiert. Während des Zweiten Weltkrieges waren jedoch nicht nur Soldaten der PK und der Wehrmacht sowie Polizisten, SS-Angehörige und zivile Funktionäre des NS mit der Kamera unterwegs. Auch jüdische und polnische nicht-jüdische Fotografen/innen haben all das dokumentiert, was sie für die Nachwelt für überlieferungswürdig hielten. In dem Seminar werden Fotografien mittels einer qualitativen Fotoanalyse untersucht: Es wird analysiert , inwiefern sich spezifische Interessen unterschiedlicher Fotografierender (zivile oder militärische Funktionäre/innen des NS oder Verfolgte) in der Auswahl der Motive, des Bildausschnitts und des Blickwinkels artikulieren und welche Machtverhältnisse und Geschlechterkonstruktionen in die Aufnahmen eingeflossen sind. Ziel ist es herauszufinden, wie man die Fotografien lesen und ihre Geschichten entschlüsseln kann.
Literatur
Buchmann, Wolf: Das Foto als Quelle, Hamburger Institut für Sozialforschung, 1999
Koch, Gertrud: Die Einstellung ist die Einstellung. Zur visuellen Konstruktion des Judentums, F. a. M., 1992Eschenbach
Insa et al (Hrsg.): Gedächtnis und Geschlecht. Deutungsmuster in Darstellungen des nationalsozialistischen Genozids, Frankfurt am Main, 2002, S. 203-226
Levin, Judith/Uziel, Daniel: Ordinary Men, Extraordinary Photos; in: Yad Vashem Studies 26, 1998
Milton, Sybil: The Camera as Weapon: Documenatary Photography and the Holocaust, New York, 1983Struk, Janina: Photographing the Holocaust: Interpretations of the Evidence, London, 2004