Yiddishland in der Zwischenkriegszeit
Yiddishland ist ein bis heute existierender Begriff aus dem 19. Jahrhundert, der sich zunächst primär auf den ost-mitteleuropäischen Raum bezog. Er beschrieb die Lebenswelten der in unterschiedlichen Staaten lebenden jüdischen Minderheiten, deren Muttersprache mehrheitlich jiddisch war. Ende des 19. Jahrhunderts begann sich die Sprache von einer Mundart zu einer bedeutenden Sprache für Kultur, Politik und Literatur zu entwickeln. Dieser Prozess erreichte in der Zwischenkriegszeit seinen Höhepunkt. Zugleich ist Yiddishland ein Konzept eines nicht territorial gebundenen Raumes, der durch jiddische Kultur und Sprache verbunden ist. Im Laufe der Geschichte haben sich seine Grenzen durch Migration und Vertreibung immer wieder verschoben. Obwohl das Zentrum in der Zwischenkriegszeit weiterhin in Ost-Mitteleuropa lag, reichten die Ausläufer über Westeuropa bis Amerika und Moskau bis Birobidžan. In unserem Seminar möchten wir uns diesem „jüdischen Land“ und seinen Bewohner/innen zwischen den Weltkriegen anhand politischer, gesellschaftlicher und kultureller Themen nähern. Die jiddisch-sprachigen Lebenswelten bildeten sich bspw. in der Existenz einer Arbeiterpartei (Allgemeiner Sozialistischer Arbeiterbund), einem jiddischen Schulwesen (TSISHO), Theatergruppen, literarischen Zirkeln und Jugendbewegungen ab. Das Yiddishland der Zwischenkriegszeit verdeutlicht, dass transnationale Zugehörigkeitskonzepte außerhalb von uns gewohnten Nationalitäts-Konstrukten existieren konnten und bis heute existieren können. Kenntnisse des Russischen, Polnischen oder Jiddischen sind angesichts der Quellenlage für das Seminar sehr hilfreich, jedoch keine Voraussetzung.
(31608)
Typ | Seminar |
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Dozent/in | Jakob Stürmann, Ania Szyba |
Institution | Freie Universität Osteuropa-Institut |
Raum | 55/302a |
Zeit | Donnerstag, 10-12 Uhr |