Virtuelle Gedenkveranstaltung zum 82. Jahrestag der „Polenaktion“
News vom 29.03.2021
Im Oktober 2018 waren mehr als 90 Angehörige von Menschen, die im Oktober 1938 als Jüdinnen und Juden polnischer Staatsangehörigkeit brutal aus Deutschland ausgewiesen worden waren, erstmals in Berlin zusammengekommen, um an dieses Ereignis zu erinnern. Der Arbeitsbereich Geschichte und das Aktive Museum Berlin e.V. hatten eine umfangreiche Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der „Polenaktion“, jener Ausweisungsaktion im Oktober 1938, organisiert. Im Oktober 2020 war dann nur eine virtuelle Gedenkveranstaltung mit Teilnehmenden u.a. in den USA, Australien, Großbritannien und Israel möglich. Das virtuelle Zusammentreffen war ein intensiver, wertvoller Austausch und ein wichtiges gemeinsames Gedenken.
Die von Dr. Alina Bothe moderierte Gedenkveranstaltung wurde mit Grußworten von Botschafterin Michaela Küchler, Sonderbeauftragte des Auswärtigen Amtes, und Steffen Krach, Wissenschaftsstaatssekretär des Berliner Senats, eröffnet. Vertreter:innen der an der Ausstellung beteiligten Organisationen folgten mit kurzen Statements. Prof. Dr. Gertrud Pickhan rekapitulierte in ihrem Beitrag die Entstehung des Ausstellungsprojekts und die langen Jahre der gemeinsamen Zusammenarbeit, der Verbindung zu den Familien und der Erinnerung.
Im Anschluss gab es kurze Beiträge u.a. von ehemaligen Studierenden des Osteuropa-Instituts, die an die Stolpersteine zurückgegangen waren, die sie gemeinsam mit der Familie Merory für die verfolgten und ermordeten Angehörigen dieser Familie im Sommer 2018 in Kreuzberg hatten verlegen lassen.
Im Zentrum der Gedenkveranstaltung standen dann fünf Beiträge von Angehörigen und Überlebenden der Ausweisungsaktion. Es waren sehr persönliche Erinnerungen: keine perfekten Video-Clips, sondern kurze private Beiträge. Den Abschluss bildete ein Gespräch dreier Generationen der Familie Adler. Rita Adler hatte als Kind die Ausweisungsaktion in Berlin erlebt, ihr Mann Simon Berger die Ankunft der Flüchtlinge aus Deutschland in Łódź. Mit ihrer ältesten Tochter und ihrer Enkeltochter sprachen sie über das Erinnerte und die Bedeutung der Erinnerung für sie. Ein letztes Mal waren sie 2018 für die Gedenkveranstaltung anlässlich des 80. Jahrestags hier, drei Jahre zuvor hatten sie an der von einer Studentin des OEI organisierten Stolpersteinverlegung für Leo Adler, Rita Adlers Vater, der bereits im September 1939 in Polen von den Deutschen ermordet worden war, teilgenommen.
Die Gedenkveranstaltung schloss mit einem ungeplanten, spontanen Austausch. Viele der Teilnehmer:innen ergriffen das Wort, teilten ihre Erinnerungen an die gemeinsame Gedenkfeier in Berlin und sprachen über die Bedeutung der virtuellen Gedenkfeier am 82. Jahrestag. Auf diese Weise den Jahrestag der „Polenaktion“ gemeinsam erinnern zu können, war sicher, wie es ein Angehöriger formulierte, „a silver lining“ der ansonsten so schwierigen pandemischen Situation.