Am 26.2., nach einer schlaflosen Nacht in einem Kyjiwer Bombenschutzkeller, machte ich mich auf zum Bahnhof, um Richtung Westen zu fahren. Der einzige Zug, in den ich es schaffte, ging nach Wynnitza. Auf meinem Weg „in die Sicherheit“ lagen noch viele Städte und Länder, aber aus Kraftlosigkeit machte ich keine Fotos.
Vor dem Krieg hatte ich mich immer für die Schmuckreliefs im Bahnhof von Winnitza interessiert. Dieses Mal betrachtete ich sie besonders gern. Zu meiner Überraschung waren sie mit perlmuttfarbenem Gold überzogen. Sozrealistischer Früchte- und Beeren-Kitsch der 1950er Jahre, Nachkriegsbeschwörung von Fruchtbarkeit, koloniales Erbe der Vorstellung einer im Überfluss nährenden Erde. Die Form spendet trotzdem Zuversicht, ganz unabhängig von den vergifteten Äpfeln der Geschichte — sie verfügt über eine eigenständige Agency. Auf bald, Südukraine, bis zu einem neuen, liebevollen Wiedersehen.

Uliana Bychenkova
Kulturwissenschaftlerin, Künstlerin, Designerin
Kyjiw, Ukraine