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7. Poster

11.10.2022

FaktAffekt7

FaktAffekt7

Die Kraft der Kunst spürte ich das erste Mal in diesem Krieg als ich Musik hörte. Allmählich hatten wir uns alle an Bomben und das Leben unter der Besatzung gewöhnt. Deshalb gönnten wir uns jeden Tag etwas aus unserem früheren Leben: eine Tasse duftenden Kaffee, lackierte Nägel, das Haus aufräumen.

Eines Tages erinnere ich mich daran, dass es in dieser Welt – in dieser freien Welt – immer noch Musik gibt. Ich hatte ihre Existenz ganz vergessen, und als ich mich daran erinnerte, dachte ich, dass Musikhören eine Art Verbrechen sei. Und das gefiel mir. Ich werde Musik hören, dem Krieg zum Trotz. Ich hatte ein aufgeladenes Telefon und ein einziges Lied, irgendeine arabische Melodie.

Mit den ersten Akkorden füllte sich mein Herz mit Hoffnung und Freude. Bomben flogen über meinem Kopf, aber man konnte sie fast nicht mehr hören, die Melodie trug mich in die endlose Wüste. Ich war schon nicht mehr unter Besatzung, ich war schon frei.

Zhenja Laptij, Fotografin, Charkiw, Ukraine