"um 6:30 Uhr erwachte ich vom Riesenlärm einer Explosion mit dem Gedanken, dass ich irgendwie unbewusst vor Vorfreude erstarrt bin, oder so ähnlich, ich kann gerade das richtige Wort nicht finden, aber ich würde es gerne. als würden wir jetzt alle warten und alles wird zum normalen Leben zurückkehren. dieses Gefühl hat sich heute morgen in ein anderes verwandelt. alles bewegt sich, und auch ich bin nicht erstarrt, nicht versteinert. ich muss etwas durchmachen. einige interessante Portale sind nun geöffnet, ich habe eine Gelegenheit. ich weiß nicht, ob es bei mir jetzt für dieses neue Verständnis reichen würde, wäre ich jetzt in Butscha oder Irpen, in Mari- upol, Charkiw, Sumy oder Mykolajew,

die Liste ließe sich verlängern, und jede Minute denke ich an die Menschen, die jetzt dort sind, an die, die mutig mit allem fertig werden, an die Toten. und ich bin hier, bewache Kyjiw mit meinen Gedanken, mein Zuhause ist meine Festung. ich freue mich sehr über Ihre Kyjiw-Posts. diesen Kalender haben mir noch im November Larisa und Marjana zum Geburtstag geschenkt. alle Seiten bis heute sind voll mit Gedichten über Taras Schewtschenko. wie merkwürdig abstrakt mir seine Lyrik in der Schule immer vorkam, kein einziges Wort habe ich fühlen können."

Anna Vinogradova, Choreographin, Kyjiw