Bibliographie der im Rahmen des Graduiertenkollegs zur Transformation in den 1990er Jahren entstandenen Werke
Das Osteuropa-Institut begleitete die Prozesse der Perestrojka und der Transformationsperiode intensiv. 1991 rief es das von der DFG geförderte Graduiertenkolleg "Die Umgestaltung der gesellschaftlichen Systeme in Ost- und Südosteuropa seit den 80er Jahren und ihre historischen Voraussetzungen" ins Leben. Bis 1997 wurde hier in interdisziplinärer Perspektive wegweisende Forschung zum Wandel in sozialen Lebenswelten, Geschichtsbewusstsein, medialen und politischen Systemen geleistet.
Sowjetgesellschaft im Epochenwandel
Perestroika und Glasnost konfrontierten die sowjetische Öffentlichkeit völlig unvorbereitet mit einer Vielzahl von sozialen Missständen im Lande, die jahrzehntelang streng geheim gehalten worden waren. Der Autor greift einige der wichtigsten Themen aus dieser kritischen Diskussion in der Sowjetunion heraus (wie z.B. die schockierende Wirkung der Enthüllungen über das Ausmaß der Armut, die Struktur der Privilegien, die Korruption der Bürokratie und die Verbreitung der Kriminalität, der Drogensucht und der Prostitution) und zeigt, wie in diesem Selbstaufklärungsprozess die Legitimationsgrundlagen des sowjetischen Herrschaftssystems zusammengebrochen sind.
Quelle: Klappentext aus dem Band
In der frühen Phase seines Werks gilt der Schriftsteller Pavel Kohout als das Sinnbild des tschechischen sozialistischen Realismus. Dies trifft auch für sein dramatisches Werk Anfang der fünfziger Jahre zu. Während die Prosa vor allem des sowjetischen sozialistischen Realismus des Öfteren untersucht worden ist, wurde dem Drama kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Die vorliegende Arbeit stellt sich die Aufgabe den Dramatiker Kohout sowohl im Kontext der Tschechischen literarischen Tradition als auch im Hinblick auf die Spezifik des tschechischen sozialistischen Realismus vorzustellen. In diesem Zusammenhang werden auch Themen wie die tschechische nationale Wiedergeburt, die Avantgarde oder die neueste tschechische Literatur (Havel, Kundera) behandelt.
Quelle: Klappentext aus dem Band
Die vorliegende Dokumentation über den bildungspolitischen Umbruch in Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn umfasst den Zeitraum von Mitte 1989 bis Anfang 1991, also etwa anderthalb Jahre, die entscheidende Etappe des Überganges von der „marxistisch-leninistischen“ zu einer „freiheitlich-demokratischen“ Bildungspolitik, wie es im Buchtitel heißt. Es ist eine plakative Kennzeichnung, die auch die zeitliche Nähe zu den Ereignissen spüren lässt, das Vorwort stammt vom Februar 1991. Dass sich aus dem Zusammenbruch des alten Regimes nicht rasch und geradlinig eine parlamentarische Demokratie nach westlichem Verständnis und eine marktwirtschaftliche Ordnung entwickeln würden, in deren Rahmen auch das Bildungswesen sich grundlegend ändert, war auch den Herausgebern und Autoren dieses Bandes klar, aber es überwog eine eher optimistische Einschätzung, wie bei den meisten Akteuren und Beobachtern um diese Zeit.
Quelle: Anweiler, Oskar. (1996). Baske, Siegfried, Beneš, Milan, Riedel, Rainer. Der Übergang von der marxistisch-leninistischen zu einer freiheitlich-demokratischen Bildungspolitik in Polen, in der Tschechoslowakei und in Ungarn: Darstellung und Dokumentation. Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin. Erziehungswissenschaftliche Veröffentlichungen, Bd. 20) (Rezension). Zeitschrift fuer Ostforschung, 45(1), 148-149.
Der vorliegende Band vereinigt Beiträge einer multidisziplinären Ringvorlesung, die im Sommersemester 1990 im Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin zum Thema „Polen im Übergang zu den 90er Jahren“ gehalten wurde. Es sind Untersuchungen zu dem vielfältigen, keineswegs abgeschlossenen Prozeß, den Polen von der sozialistischen Volksrepublik zu einer freiheitlichen Demokratie zu durchlaufen begonnen hat. Der Untersuchungsraum endet gemäß dem Wesen einer Ringvorlesung nicht einheitlich. Einige Autoren nutzen zusätzlich die sich hinauszögernde Drucklegung des Bandes, den Untersuchungszeitraum sogar bis in das Jahr 1991 auszudehnen. Diese Uneinheitlichkeit beeinträchtigt jedoch nicht das gemeinsame Ziel, die relevanten Fakten, Ursachen und Probleme des sich vollziehenden Systemwandels darzustellen.
Quelle: Baske, Siegfried. (1992). Klappentext aus dem Band
Ein für den Bürger in Ostmittel- und Osteuropa unmittelbar fühlbares Ergebnis des langersehnten Systemwechsels des Jahres 1989/90 war das Recht, fortan auf den Prozeß der politischen Willensbildung und Entscheidungsfindung Einfluß zu nehmen und sich an ihm selbst aktiv zu beteiligen. Die mit dem Ende des Sowjetsystems eröffnete Möglichkeit der politischen Partizipation war dabei nicht nur Folge, sondern zugleich ein wesentliches Ziel der zu unterschiedlichen Zeiten und in verschiedener Intensität auf getretenen Protest- und Bürgerbewegungen. Wie wurde politische Partizipation unter den Bedingungen des Transformationsprozesses seit 1989 im einzelnen formalrechtlich verankert und wie wurden die neuen Mitwirkungsmöglichkeiten von den Bürgern seither praktisch genutzt? Auf diese Fragen versucht die Berliner Dissertation Holger Burmeisters am Beispiel der Republik Polen Antworten zu geben.
Quelle: Mühle, Eduard. (1997). Burmeister, Holger. Politische Partizipation als Element der Transformationsprozesse in Polen (1989-91). (Europäische Hochschulschriften,Reihe XXXI: Politik, Bd. 268). (Rezension). Zeitschrift fuer Ostforschung, 46(1), 130–132.
Die soziale, kulturelle und politische Umgestaltung in den osteuropäischen Gesellschaften wirft Fragen nach Weg und Ziel der Transformation auf, die von den Modernisierungs- und Transformationstheorien angesichts der aktuellen Entwicklungen nur bedingt beantwortet werden können. Die Autorinnen und Autoren des Bandes diskutieren die vielfältigen und bisweilen widersprüchlichen Umgestaltungsprozesse sowohl aus theoretisch-methodologischer Perspektive wie auch anhand von empirischen Befunden in verschiedenen osteuropäischen Ländern.
Quelle: Klappentext aus dem Band
Földi, Tamás. (1992). Marktwirtschaft und Planwirtschaft: ein enzyklopädisches Wörterbuch; deutsch, englisch, russisch = Market economy and planned economy = Ėnciklopedičeskij slovarʹ rynočnogo i planovogo chozjajstva. München: Saur.
Während der Umbruchphase in Osteuropa seit Ende der 1980 er Jahre wurden einerseits bestehende Mythen problematisch und andererseits neue geschaffen. Mit dieser Thematik setzt sich der vorliegende Aufsatzband auseinander. Aus Perspektiven der Politik-, Wirtschaft-, sowie Kultur, Literatur- und Sozialwissenschaften beschäftigen sich die Autoren mit solchen Mythen wie „Homo sovieticus“, „Einheit der Partei“, „Macht des Marktes“ und vielen anderen. Ob die Gesellschaften Osteuropas „tatsächlich ihre ganze Kraft und Legitimation aus dem Mythischen" bezogen (S.7), wie die Herausgeber es in ihrer Einleitung behaupten, scheint allerdings fraglich.
Quelle: Zwengel, Ralph. (1996). Friedrich, Clemens, Menzel, Birgit (Hrsg.). Osteuropa im Umbruch. Alte und neue Mythen. (Rezension). Osteuropa, 46(12), 1257.
Die politisch-sozialen Umwälzungen in Osteuropa berühren nicht nur im Osten, sondern ebenso auch im Westen grundlegende Deutungsmuster, Orientierungen und Sinnstrukturen unserer Epoche und drängen nach philosophisch-gesellschaftstheoretischer Einordnung und Interpretation. Im vorliegenden Band untersuchen deutsche und russische Wissenschaftler die philosophische Bedeutung dieser historischen Ereignisse, ihre Auswirkungen auf philosophisches Denken und die Versuche, in der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit eine Neuorientierung für Osteuropa zu erreichen.
Quelle: Klappentext aus dem Band
Nach mehr als einem Jahrzehnt Reformversuchen ist die Verarmung großer Bevölkerungsteile eines der Hauptprobleme Russlands. Die Bewältigung dieses Problems ist Voraussetzung für erfolgreiche Reformen. Iris Kempe untersucht die sozialpolitischen Antworten Russlands auf die immer brisanter werdende soziale Frage. Ausgehend von der nationalen Entwicklung werden die Gebiete Nizhnij Novgorod, Perm, Uljanowsk und Wladimir betrachtet. Die Autorin wertet über den Zeitraum von 1991 bis 1996 alle relevanten Gesetze und Reformprogramme aus, zieht Analysen und Statistiken in Betracht und führte zahlreiche Interviews mit Entscheidungsträgern und Wissenschaftlern. Die Entscheidungsträger in Moskau instrumentalisieren Sozialpolitik vor allem zu Krisenzeiten als Mittel der Popularitätssicherung. Der Lösungswert derartiger Maßnahmen ist gering.
Quelle: Klappentext aus dem Band
Diese umfangreiche Arbeit, die 1996 als Dissertation in Mainz angenommen wurde, ist ein sehr wichtiger Forschungsbeitrag. Seit dem Sturz Ceausescus berufen sich viele rumänische Politiker auf die demokratischen Traditionen der Zwischenkriegszeit. Das geschönte Bild eines funktionierenden Parlamentarismus vor 1945 konnte aufrecht erhalten werden, weil es bisher keine so gründliche Analyse wie die nun vorliegende gab. Die Arbeit beruht auf der Auswertung vieler Quellen aus den Beständen des Bukarester Staatsarchivs, des Österreichischen Staatsarchivs Wien, der Archives Diplomatiques des Pariser Außen- ministeriums und des Politischen Archivs des Auswärtigen Amtes Bonn.
Quelle: Hausleitner, Mariana. (1999). Maner, Hans-Christian. Parlamentarismus in Rumänien (1930-1940). Demokratie im autoritären Umfeld. (Rezension). Jahrbücher für Geschichte Osteuropas, 47(3), 450-451.
Der folgende Beitrag ist einerseits als historische Arbeit gedacht, indem die Autorin zeitgeschichtliche Faktoren während der Sowjetzeit zur Erklärung für ihre Feststellungen heranzieht. Andererseits bewegt sie sich im Rahmen des Konzeptes der „politischen Kultur", um gegenwärtige politische Handlungsmuster verstehen zu können. Beide Ansätze vereinigt die Autorin zu einer Untersuchung politischer Kultur der baltischen Staaten vor dem Hintergrund der politischen Kultur der baltischen Sowjetrepubliken. Um die politische Lage im Baltikum zu analysieren, unterscheidet Mattusch drei Dimensionen politischer Kultur, eine traditionelle, eine staatssozialistische und eine nationalstaatliche, die jedoch im individuellen Fall nebeneinander existieren und sich sogar wechselseitig durchdringen können.
Quelle: Tuchtenhagen, Ralph. (1998). Mattusch, Katrin. Demokratisierung im Baltikum? Über die Begrenzung von Demokratisierungschancen durch politische Kulturen. (Europäische Hochschulschriften, Reihe XXXI, Bd. 309). (Rezension). Osteuropa, 48(4), 422-423.
Die Implosion der Sowjetunion bedeutete nicht nur den Untergang eines totalitären, sondern auch auf pseudoreligiöse Weise literaturzentrierten Imperiums. Neben den komplex strukturierten Zensurinstanzen befand dabei ein zweiter gewaltiger Apparat über Glaubenstreue oder Anathema: die Literaturkritik, „der Politik zweiter Name", wie die Maßgabe spätestens seit 1929 auch offiziell lautete. Ihre publizistische Präsenz jedoch bildete nur die sichtbare Facette eines Wirkens, das über interne Rezensionen, Gutachten und informelle Kontakte ein weit verzweigtes Aderwerk bildete. Die seit Jahren als kritische Beobachterin aktueller literaturpolitischer Prozesse ausgewiesene Slavistin Birgit Menzel setzt nun in ihrer Habilitationsschrift zu einer grundlegenden Darstellung der russischen Literaturkritik in der Transformationsphase der 1980er und 1990er Jahre an. Auf der Basis eines funktionsorientierten strukturalistischen Modells definiert die Autorin literaturkritische Äußerungen als Handlungen „im Rahmen eines im weiteren Sinne gesellschaftlichen Kommunikationssystems“.
Quelle: Goldt, Rainer. (2002). Menzel, Birgit. Bürgerkrieg um Worte. Die russische Literaturkritik der Perestrojka. (Rezension). Osteuropa, 52(8), 1118-1119.
Die jugoslawische Katastrophe in der apokalyptischen Gestalt des neuen Balkankrieges der Jahre 1991, 1992 und darüber hinaus, wird Europa und die Welt voraussichtlich noch längere Zeit bewegen – und die zu hilfreichem Handeln und dem Entwurf von Konzepten zur friedlichen Neuordnung herausgeforderten Politiker und Wissenschaftler noch länger in Anspruch nehmen. Schnelle Lösungen kann es nicht (mehr) geben. Der Krieg hat in der europäischen Nachkriegsgeschichte auf dem Wege zu einer „neuen Weltordnung“ ein unerwartetes Kapitel nachgetragen – oder befinden sich Europa und die Welt gar nicht auf dem erhofften Weg in diese Weltordnung?
Quelle: Klappentext aus dem Band
Die Umgestaltung der Wirtschafts- und Rechtsordnungen der ehemalig sozialistischen Staaten Osteuropas, ihre schrittweise Entwicklung zu Marktwirtschaften und Rechtsstaaten und die damit verbundene Privatisierung der bisher staatlichen (gesellschaftlichen, volkseigenen) Unternehmen stellen die – nach Überwindung der unmittelbaren Weltkriegsfolgen – wohl größte Aufgabe der neueren europäischen Wirtschafts- und Rechtsgeschichte dar. Und erst allmählich wird deutlich, welche mittel- und langfristigen wirtschaftlichen und rechtspolitischen Probleme – aber auch Chancen – mit diesen Prozessen verbunden sind. Dieser Sachverhalt hat eine deutliche Zunahme westlichen Interesses an wie auch westlicher, insbesondere deutscher Investitionen und Kreditleistungen in Osteuropa bewirkt. Dies hat die Verfasser veranlaßt, die wichtigen Rechtsgrundlagen zum Privatisierungsrecht der osteuropäischen Staaten erstmals in einem Sammelband vorzulegen.
Quelle: Klappentext aus dem Band
Die Autorin der vorliegenden Bibliografie beschäftigt sich mit den Fragen der Frauenforschung und Geschlechterdifferenz und leistet einen wichtigen Beitrag auf diesem in der deutschen slawistischen Forschung lange Zeit vernachlässigten Gebiet. Der Initiative der rührigen Frauenbeauftragten des Osteuropa-Instituts, Uta Grabmüller, ist nun ein mustergültiges bibliographisches Nachschlagewerk zu verdanken, mit dem Barbara Schweizerhof - wissenschaftlich beraten von Krysztina Mänicke-Gyöngyösi - etwa 2000 russischsprachige Titel aus einem Zeitraum von sechs Jahren dokumentierte.
Quelle: Cheauré, Elisabeth. (1997). Schweizerhof, Barbara. Aktuelle russischsprachige Veröffentlichungen zu Frauen und Frauenforschung in Rußland bzw. der Sowjetunion. Bibliographische Hinweise für die Jahre 1987-1993. (Rezension). Osteuropa, 47(1), 93-94.
Der Autor beschäftigt sich mit der Geschichte Jugoslawiens und betrachtet die Gründung des südslawischen Vielvölkerstaates im Jahr 1918 als Experiment. Dieser Beitrag bietet eine umfangreiche kritische Analyse eines langwierigen Prozesses des Staatszerfalls auf politisch-historische sowie sozioökonomische Ebene und dessen Gründe, die schon von Anfang an in der Struktur des Staates verankert waren. Sundhaussen befasst sich auch mit der nationalen Frage innerhalb Jugoslawiens und sich immer wieder verschärfenden Spannungsverhältnissen zwischen (Schein-)Föderalismus und Nationalismus, die nach den 1980er Jahren zu einer sozio-politischen Transformation und schließlich in den 1990er Jahren zum Zusammenbruch der multikulturellen Gesellschaft geführt haben.
Quelle: Klappentext aus dem Band
Der Umbruch in den vormals sozialistischen Staaten hat den Weg zu einer Neugliederung Europas und des nordatlantischen Raumes frei gemacht. In diesem Band wird die Um- und Neustrukturierung wirtschaftlicher, politischer, sicherheitspolitischer und kultureller Teilräume analysiert. In institutioneller Hinsicht schreitet die transnationale Integration voran, während auf der substaatlichen Ebene eine Revitalisierung historisch gewachsener Regionen und auf der kulturellen eine Rückbesinnung auf traditionelle Identitätsmuster zu beobachten ist.
Quelle: Klappentext aus dem Band
Durch den Zerfall der Sowjetunion wurde Kaliningrad zu einer russischen Exklave an der Ostsee; welche an Litauen und Polen grenzt. Im Gebiet vollziehen sich eine Rehistorisierung und die Herausbildung eines regionalen Bewusstseins. Auf der einen Seite bietet die Osterweiterung die Chance einer wirtschaftlichen Teilintegration in die EU-Umwelt. Andererseits droht die Gefahr der Isolation. So steht Kaliningrad im Spannungsfeld von regionalen, gesamtrussischen und europäischen Interessen. Die entscheidende Frage besteht darin, ob es spezifische europäische Ansätze zu Kaliningrad gibt und ob in der Region etwas Neues, Eigenständiges entsteht. Von Kaliningrad selbst geht eine Reihe von Impulsen in Richtung Europa aus, doch ist die Dynamik noch unzureichend. Dieses Problem ist nicht ohne die Frage nach der historischen Identität der Bewohner des Gebietes zu lösen.
Quelle: Klappentext aus dem Band