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Nach der Erinnerung. Der Zweite Weltkrieg in den Gegenwartsliteraturen Osteuropas

(31704)

TypSeminar
Dozent/inHeike Winkel
SpracheDeutsch
SemesterSoSe 2015
Veranstaltungsumfang2 SWS
RaumGarystr. 55 302a
Beginn14.04.2015
Zeit

Di 14:00-16:00

Das Seminar untersucht aktuelle Tendenzen der Auseinandersetzung mit dem Zweiten Weltkrieg in den osteuropäischen Literaturen. Es geht dabei davon aus, dass sich gegenwärtig eine Situation der zweifachen Nachträglichkeit beobachten lässt. Einerseits bedingt das Verschwinden der Zeitzeugen eine "postmemoriale" Konstitution des Erinnerns, das nicht mehr vorwiegend auf persönlichen Erinnerungen beruht, und damit nicht mehr im gleichen Maß an die inhaltlichen und ethischen Normen gebunden ist, die eine wahrhafte, von Zeitzeugen vermittelte Überlieferung auszeichnete. Andererseits brachte die Systemwende in den ehemals staatssozialistischen Ländern auch das Ende einer staatlich regulierten Erinnerungs- und Geschichtspolitik, innerhalb derer der Sieg der Roten Armee das zentrale Legitimationsmoment der sowjetischen Hegemonie in Osteuropa war. Dies war die Voraussetzung dafür, dass in den letzten Jahrzehnten bislang verbotene, verdrängte oder marginalisierte Erinnerungs- und Vergangenheitsnarrative an die Oberfläche kamen, die im Zuge der Wieder- oder Neugewinnung nationalstaatlicher Unabhängigkeit geschichtspolitisch unterschiedlich vereinnahmt wurden. Die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg löst in den Ländern Osteuropa also eine Phase des verordneten Vergessens ab. Im Anschluss an diese Prämissen sind zwei komplementäre Zugänge zum Thema geplant: In systematischer Perspektive soll danach gefragt werden, wie sich die Verknüpfung von "post-sozialistischer" Situation und "post-memorialer" Gesellschaft theoretisch fassen lässt. In historischer Perspektive ist zu untersuchen, wie die zeitgenössischen Literaturen das ererbte Inventar an Figuren, Topoi und Narrativen weiter- und umschreiben.