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Ans Werk. Arbeit und Arbeiter in der Literatur der Moderne zwischen Kapitalismus und Sozialismus

(16427a)

TypOnline-Seminar
Dozent/inChristiane Schäfer
RaumHabelschwerdter Allee 45 J 27/14

Arbeit – Segen oder Fluch, zu überwindendes Übel oder schöpferisches Gestalten, trud oder rabota? Arbeit prägt Gesellschaften und Kulturen auf maßgebliche Weise und wird dabei unterschiedlich konzeptualisiert und bewertet. Als literarischer Gegenstand führt sie allerdings häufig ein ambivalentes Dasein. In der europäischen Moderne verändert sich das Arbeitsverständnis grundlegend und sie tritt nicht nur ins Zentrum politischer, sondern auch literarischer Aufmerksamkeit – in der Kritik alter (oder neuer) Systeme, Feier neuer Ideale oder der Skizzierung von Formen der Anpassung. Die Bildung sozialistischer Staaten in vielen Ländern Osteuropas bringt nicht nur produktionsgeschichtliche Umwälzungen mit sich, sondern auch neue Umfelder für Repräsentationen der Arbeit.

Von Romantik des Bäuerlichen über Arbeitsheld*Innen bis zu Arbeitsverweigerung - Im Seminar werden wir Arbeit als literarischem Motiv in der Moderne nachgehen, aus poetologischen und narratologischen Perspektiven und insbesondere auch mithilfe von Ansätzen aus Kulturwissenschaft und ökonomischer Theorie. Dabei wird ein besonderer Fokus auf dem Kontext der frühen Sowjetunion liegen und ebenso Raum für die Reflexion ökonomischer, politischer und sozialer Veränderungen in den jeweiligen Kontexten sein, wie für die Frage, welche Rolle der Poetisierung von Arbeitsformen und -kulturen zufällt. 

Seminarmodus

Aufgrund der aktuellen Lage wird der Kurs nicht als Präsenzunterricht im gemeinsamen Seminarraum stattfinden, sondern vor allem durch das Verfassen von Essays und Respondenzen gestaltet werden. Die notwendigerweise veränderte Seminarform kann eine lebhafte und persönliche Diskussion nicht ersetzen. Aber sie bietet die Chance, schriftliche Argumentation und wissenschaftliches Schreiben im kurzen Format zu trainieren und sich dabei trotz allem gewinnbringend zu diesem facettenreichen Thema auszutauschen. Dazu bitte ich alle Teilnehmer*Innen, zu je zwei selbst gewählten Sitzungen einen ca. 3-5-seitigen Text zu verfassen, in dem Sie (ähnlich zu einer mündlichen Sitzungsverantwortung) in ein Thema und eine Seminarlektüre einführen und auf dieser Grundlage eigene Thesen zur Diskussion stellen. Damit Sie hierzu nicht nur von mir Feedback erhalten, werden Sie im Verlauf des Semesters jeweils drei ca. 1-seitige Respondenzen zu den Essays anderer Teilnehmer*Innen schreiben, in denen Sie auf die Argumentation (oder auch nur einzelne Aspekte davon) der Kommiliton*Innen eingehen und antworten können. 

In welcher Form darüber hinaus gemeinsame Absprachen und Diskussionen im Seminar stattfinden werden, wird über Blackboard noch bekannt gegeben.

Module 

  • AVL: Bachelor B230: Vergleichende Motiv- und Stoffgeschichte
  • Master Osteuropa-Studien: Modul aus dem Profilbereich Kultur: Symbolische und mediale Formen kultureller Praxis

Kerntexte  

  • M. Šaginjan: Gidrocentral‘/Das Wasserkraftwerk (1928)
  • Čajanov: Putešestvie moego brata Alekseja v stranu krestjanskoj utopii/Reise meines Bruders Alexej ins Land der bäuerlichen Utopie. (1920)
  • W. Morris: News from Nowhere (1890)
  • I. Il’f; E. Petrov: 12 Stul’ev/ Die 12 Stühle (1928)
  • B. Traven: Das Totenschiff (1926)
  • Witkacy [S. I.Witkiewicz]: Szewcy/ Die Schumacher (1927-1934)
  • S. Tret’jakov, A. Platonov, H. Melville

Unter diesen ungewöhnlichen Umständen ist das Seminarprogramm stärker (aber nicht ausschließlich) sowjetisch orientiert, als ursprünglich geplant. Aber ich möchte alle dazu einladen, über die bereitgestellten Lektüren und Themen hinaus komparatistische Schwerpunkte zu setzen und eigene Fragestellungen rund um das Seminarthema zu erarbeiten. Der Seminarplan bietet uns dabei eher eine grobe zeitliche und thematische Orientierung. 

Sie möchten das ungewöhnliche Sommersemester nutzen, um Ihr Wissen in einem bestimmten Bereich zu vertiefen? Uns z.B. in Ihrem Essay einen Einstieg mit Blick auf sozialkritische Romane im Westeuropa des 19. Jahrhunderts bieten, sich mit ökonomischen Spuren im Film beschäftigen, oder einen Ausblick auf Russlands Turbokapitalismus in den 1990er Jahre geben? Ich freue mich über Ihre Interessen und Vorschläge. Die erste Semesterwoche werden wir nutzen, um Ihre Themenwahl gemeinsam abzusprechen und in den Kurs einarbeiten.