Topos Krim
(31701)
Typ | Online-Seminar |
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Dozent/in | Prof. Dr. Susanne Strätling |
Raum | Garystr.55 / 101 |
Beginn | 21.04.2020 | 10:00 |
Literaturliste
Zu den Seminarmaterialien gehören: literarische Texte von der Romantik (Goethe, Puškin, Mickiewicz) über den Realismus (Tolstoj) und die Moderne (Cechov, Ukrainka) bis in die Gegenwart (Aksenov, Kinsky/Chalmers, Petrowskaja, Sid, Zhadan), Fotografie und Film (Fenton, Marchenko, Mikhailov, Pimanov, Ridnyi usw.), aber auch kulturhistorische Sachdokumente (Dekret „Ob ispol’zovanii Kryma dlja lecenija trudjašcichsja“) und jüngere publizistische Quellen.
Als Igor Sid Mitte der 1990er Jahre in Moskau den „Krymskij klub“ aus der Taufe hob, war es ein wesentliches Anliegen dieser künstlerisch-literarischen Vereinigung, geopolitische Strategeme durch geopoetische Experimente abzulösen: „So stellt der Klub“, heißt es in den Statuten, „dem Diskurs der ›Wiedervereinigung der Ukraine mit Russland‹ den geopoetischen Dialog entgegen.“ Zwanzig Jahre später kappt die Annexion der Krim im März 2014 mit imperialer geopolitischer Geste diesen Dialog. Vor dem Hintergrund dieses Gefälles rekonstruiert das Seminar aus kulturwissenschaftlicher Perspektive Krim-Konzepte zwischen geopolitischer Vereinnahmung und geopoetischer Verständigung.
Als analytischer Leitfaden dieser Spurensuchen dient der Begriff „Topos“: Im ersten Teil des Seminars sondieren wir zunächst topologische Modelle, in denen die Mehrdeutigkeit des Begriffs im Sinne von ‚Ort‘, ‚Thema‘ oder auch ‚Gemeinplatz‘ (common place) zum Tragen kommt, bevor der zweite Teil in kulturhistorischer Perspektive analyisiert, wie die Krim in Text und Bild als Schauplatz kolonialer Aneignung, exotischen Exils, kriegerischer Auseinandersetzung, kontrafaktischer Geschichtsschreibung oder sozialmedizinischer Hygiene (‚Kurort Krim‘) verhandelt wird. Vor dem Hintergrund dieser kulturhistorischen Befunde wendet sich das Seminar im dritten und letzten Teil aktuellen Ereignissen zu, konkret den kulturpolitischen und medialen Appropriationen im Zuge und Gefolge der Annexion.
Veranstaltungsmodus:
Dieses Seminar wird aufgrund der fehlenden Präsenz in seiner Organisationsformen anders als geplant verlaufen. Ich hoffe sehr, dass Sie trotz geänderter Planung mit Gewinn am Seminar teilnehmen und Einsichten, Fragen, Anregungen, Informationen mitnehmen, die Ihnen helfen, die gegenwärtige politische Debatte um die Krim in einem weitgespannten kulturhistorischen Kontext zu verorten.
Sie erhalten über die Blackboard-Plattform für jede Semesterwoche eine Kernlektüre, in manchen Fällen auch Filmmaterial mit kurzer begleitender theoretischer Lektüre. Bitte konzentrieren Sie ihre Lektüre - oder Ihre Sichtung - auf dieses Material, das im Plan als „Diskussionsgrundlage“ ausgewiesen ist. Ergänzend finden Sie unter „Literatur“ weitere Hinweise. Wo mir diese „Literatur“ digital vorliegt, stelle ich Ihnen die entsprechenden Dateien ins Blackboard. Falls Sie weitere Materialien zur Verfügung haben, stellen Sie diese gerne unter „Kursmaterial“ bei den jeweiligen Sitzungseinheiten ein. Alle TeilnehmerInnen werden im Kurs als „Teaching Assistent“ geführt, so dass Sie die Rechte haben, selbst Materialien hochzuladen. Zugleich möchte ich Sie bitten, nur nach Rücksprache mit mir Dateien zu entfernen.
Ich bitte Sie alle, im Verlauf des Semesters drei schriftliche Diskussionsstatements im Umfang von 2-3 Seiten im Diskussionsforum bei Blackboard einzustellen. Diese Statements sollten sich jeweils auf das bearbeitete Material von drei bis vier Sitzungen beziehen, die sie frei zusammenstellen können (etwa Sitzung 2-5 oder Sitzung 3-6 oder auch Sitzung 2,4,6 und 7). Diese ‚gebündelten’ Statemente ermöglichen, dass Sie vergleichend auf mehrere Texte/Filme eingehen können. In den Statements skizzieren Sie bitte knapp die Kernthesen des Materials, vor allem aber Ihre Position und Ihre Fragen dazu sowie ggf. Ihre Kritik daran. Wichtig ist, dass deutlich wird: Sie haben das Material kritisch gelesen/gesehen und eine begründete Position dazu entwickelt.
Bitte stellen Sie die Statements immer bis zum Montagabend VOR dem jeweiligen Sitzungsdatum ein. Ich werde dann zur Sitzungszeit im Diskussionsforum Stellung zu Ihren Statements nehmen. Damit Sie aber nicht nur von mir Feedback bekommen, sondern auch von Ihren KommilitonInnen, werden wir folgendermaßen vorgehen: Jede/r Kursteilnehmer/in formuliert zusätzlich zu seinen eigenen Statements kurze Respondenzen (max. eine halbe Seite) zu drei anderen eingegangenen Statements. Auch diese Respondenzen posten Sie bitte im Diskussionsforum. Zu welchen Statements Sie Respondenzen posten, können Sie frei wählen.
Dieses Vorgehen ersetzt keine vollwertige Seminardiskussion, aber Sie ermöglicht Ihnen das vielleicht Wichtigste: konzentrierte Lektüre/Sichtung, fokussierte Reflexion darüber und gezieltes Feedback dazu.
Material:
Primärtexte:
- Vasilij Aksenov: Ostrov Krym (1979)
- Dekret „Ob ispol’zovanii Kryma dlja lečenija trudjaščichsja“ (1920)
- Johann Wolfgang von Goethe: Iphigenie auf Tauris (1786)
- Esther Kinsky / Martin Chalmers: Karadag (2015)
- Adam Mickiewicz: Sonety krymskie (1826) [Auszüge]
- Katja Petrowskja: Die Kinder von Orljonok (2009)
- Aleksandr Puškin: Bachčissarajskij fontan (1821-1823)
- Lev Tolstoj: Sevastopol‘ v dekabre (1854)
- Lesja Ukrajinka: Nad morem (1898/1901)
- Serhij Zhadan: Postsowjetische Paradiese (2009)
Filmmaterial:
- Den‘ v Arteke (1939)
- Krym (Aleksej Pimanov, 2017)
- Seacoast (Mykola Ridnyi, 2008)
- U teplogo morja (1940)
- Who Owns Crimea? Festival of Annexation (Ksenia Marchenko, 2015)