Handreichung zur Themensuche bei der Masterarbeit
Zu den größten Herausforderungen Ihrer Studienabschlussphase gehört es, einen Untersuchungsgegenstand für Ihre Masterarbeit zu finden und eine wissenschaftliche Fragestellung zu formulieren, an deren Leitfaden Sie diesen Gegenstand analytisch erschließen. Die folgenden Hinweise sollen Sie bei dieser Herausforderung unterstützen.
Wie finde ich mein Thema?
Häufig geht die erste Inspiration für die Themenwahl Ihrer Masterarbeit aus einem Seminar hervor. Die Lehrveranstaltungen des Arbeitsbereichs Kultur geben Ihnen einen breiten Einblick in aktuelle Forschungsthemen des Faches. In Hausarbeiten können Sie sich intensiver mit einem Thema auseinandersetzen. Oft ergeben sich hieraus weitere und umfassendere Fragestellungen, die zur Masterarbeit hinführen können. Neben Seminaren können auch private Lektüren (Bücher, Zeitungen u.a.), Filmsichtungen oder Veranstaltungsbesuche Interesse an einem Gegenstand oder einer Fragestellung wecken. Nicht zuletzt vermitteln Ihnen auch Auslandsaufenthalte tiefe Einblicke in Sprache und Kultur Ihres Ziellands, die mannigfaltige Gelegenheiten bieten, aktuelle Themen und Tendenzen kultureller Entwicklungen kennenzulernen und gegebenenfalls in einer Masterarbeit ausführlich zu untersuchen.
Folgende Fragen können Ihnen bei der Themensuche behilflich sein:
- Gibt es ein Ereignis oder ein Phänomen in der Gegenwartskultur oder der Geschichte, das mich interessiert oder irritiert und dem ich auf die Spur kommen möchte (z.B. Formen des künstlerischen Protests gegen autoritäre Systeme; politische Rhetoriken der Gewalt; Kulturbeziehungen zwischen Ost und West im Kalten Krieg; die Darstellung von ethnischen Minderheiten im Film; die literarische Reflexion von Migrationserfahrungen …)
- Gibt es ein – literarisches, filmisches, musikalisches, performatives, publizistisches – Werk, das mich besonders interessiert? Eine Schriftstellerin, einen Filmemacher, oder eine Künstlerin, die mich fasziniert, und deren Werk ich gut kenne oder gerne besser kennen lernen würde? Eine Ausstellung oder Aktion, die ich gesehen habe und die ich höchst problematisch finde?
- Welche analytischen Paradigmen (z.B. Gender Studies, Postcolonial Studies, Kritische Theorie) interessieren mich besonders?
Jede dieser Fragen führt dann zu einer Folgefrage: Woher kommt mein Interesse (manchmal auch: meine Irritation) und welche Motivation steckt dahinter? Was genau interessiert mich an dem Gegenstand/Werk/Thema?
Eingrenzung des Themas
Um von einer ersten Themenidee zu einer Fragestellung zu gelangen, ist es wichtig, dass Sie ihr Thema eingrenzen. Aus einer noch unspezifischen Vorstellung (z.B. „Ich interessiere mich für Dostoevskij“, „Migration ist ein wichtiges und vielfältiges Thema“) erarbeiten Sie so eine konkrete Aufgabenstellung. Je nach Themenzugang ist dabei meist eine zeitliche, räumliche und mediale Eingrenzung sinnvoll. In der Regel bietet es sich an, einen konkreten Zeitausschnitt, einen spezifischen Raum oder ein einzelnes Medium zu fokussieren. Aus dem unspezifischen Interesse für Dostoevskij könnte so z.B. ein spezifisches Interesse für die publizistisch-politischen Tagebücher in seinem Spätwerk resultieren oder aus dem noch weit gefassten Interesse an Migration ein konkretes Interesse an der Poetik der Migration von Auswanderern aus Ostmitteleuropa nach Lateinamerika nach dem Zweiten Weltkrieg.
Bei manchen Themen bietet es sich auch an, den zeitlichen, räumlichen oder medialen Deutungsrahmen zu erweitern. Beachten Sie allerdings, dass eine Ausweitung der Fragestellung in einem der Bereiche, z.B. im Rahmen eines epochenübergreifenden Vergleichs, meist eine Konkretisierung der Fragestellung in einem anderen Bereich erfordert. Wenn Sie sich etwa für Dissidenzbewegungen in Osteuropa interessieren und einen Ländervergleich vornehmen möchten, so wäre es sinnvoll, hier jeweils einzelne Fallbeispiele zu wählen, die sich produktiv miteinander vergleichen lassen. Achten Sie bei der Eingrenzung des Themas auch auf praktische Erwägungen wie die Zugänglichkeit des Forschungsgegenstandes (z.B. Archive, Übersetzungen) und die Praktikabilität (in zeitlicher, finanzieller Hinsicht) ihres Ansatzes.
Folgende Fragen können bei der Eingrenzung des Themas behilflich sein:
- Welcher Aspekt interessiert mich bei der Beschäftigung mit einem Medium, einer Person, einer Epoche, einer Region am meisten? Welche künstlerischen Artefakte reflektieren mein Interesse am stärksten?
Entwicklung einer Fragestellung
Nachdem Sie ihr Thema sinnvoll eingegrenzt haben, besteht die größte Herausforderung darin, eine Fragestellung zu entwickeln. Diese resultiert meistens aus einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem fokussierten Primärmaterial und der Beschäftigung mit dem gegenwärtigen Forschungsstand zum Thema. In der Regel ist hierfür die mehrmalige Lektüre oder Sichtung von Primärmaterialien vonnöten sowie die Suche nach vorhandener Forschungsliteratur in mehreren Sprachen und auf mehreren Portalen.
Ein wichtiges Gütekriterium der Masterarbeit ist die Originalität der Fragestellung. Je spezifischer sie Bezug nimmt auf das ausgewählte Primärmaterial und die für dieses Material einschlägigen Kontexte, desto erkenntnisreicher wird ihre Fragestellung sein. Vermeiden Sie allgemeine Fragestellungen (z.B: „Die Darstellung des Raums/der Figurenkonstellation in Danilo Kišs Erzählungen“)! Einen produktiven Zugang finden Sie, wenn Sie den von Ihnen gewählten Gegenstand (z.B. ein künstlerisches Werk, eine kulturpolitische Aktion, ein populärkulturelles Phänomen) mit einem methodischen Ansatz erschließen, der es Ihnen erlaubt, begrifflich präzise zu beobachten und zu argumentieren (z.B. im Rahmen postkolonialer Theorie).
- Welche Methoden und Theorien sind geeignet, um mein Erkenntnisinteresse zu realisieren? Welche Methoden und Theorien kenne und beherrsche ich bereits?
- Über welche Aspekte des Werks einer Schriftstellerin, eines Werks etc. wurde bisher nicht/kaum geschrieben? Auf welchen Vorannahmen beruhen diese Forschungslücken? Inwiefern sind diese in Frage zu stellen?
Anmeldung zur Masterarbeit
Wenn Sie ein Thema und eine Betreuung gefunden haben, sollten Sie sich zur Masterarbeit anmelden. Dies geschieht laut Studienverlaufsplan im 4. Fachsemester. Die Bearbeitungszeit startet mit der Themenausgabe jeweils zum Ende der Anmeldemonate.
Das Prüfungsbüro stellt auf seiner Webseite entsprechende Informationen für die Anmeldung der Masterarbeit zur Verfügung. Die Anmeldung von Masterarbeiten kann im Sommersemester bis Mitte April, Mitte Mai und Mitte Juni, im Wintersemester bis Mitte November, Mitte Dezember und Mitte Januar erfolgen. Die genauen Termine gibt das Prüfungsbüro jeweils bekannt (siehe Informationen zur Anmeldung der Masterarbeit).
Grundsätzlich gilt, dass zur Anmeldung der entsprechende Anmeldebogen mit den Unterschriften der betreuenden Personen sowie der/des Prüfungsausschussvorsitzenden sowie dem Thema der Arbeit eingereicht werden muss.
Vor der Anmeldung zur Masterarbeit sollten Sie das Gespräch mit ihren Betreuer*innen suchen. Hierfür bereiten Sie im Regelfall ein kurzes, etwa dreiseitiges Exposé vor, in dem Sie das Erkenntnisinteresse der Arbeit formulieren, Ihren methodisch-theoretischen Ansatz skizzieren, das Materialcorpus vorstellen und einen ersten Entwurf zur Gliederung vorbereiten. Dies gilt v.a., sofern das Thema nicht zuvor bereits im Colloquium vorgestellt wurde oder sich die Fragestellung seit der Vorstellung im Colloquium stark verändert hat.