Ideengeschichte und Ideenpolitik der Säkularisierung in der russischen und sowjetischen Kulturgeschichte
Organisiert von Christian Zehnder (Bamberg) und Clemens Günther (Berlin). Gefördert von der Fritz Thyssen Stiftung
Während die klassische Säkularisierungsthese – die Annahme eines allgemeinen Rückzugs der Religion in der Neuzeit – in der osteuropäischen Geschichte einer differenzierten Revision unterzogen wird, ist der Säkularisierungsbegriff in der Slavistik vage geblieben. Die Konferenz regt einen Transfer der Erträge aus der historiographischen Diskussion an und nimmt zugleich einen genuin literatur-/kulturwissenschaftlichen Blickpunkt ein. Sie betrachtet Säkularisierung nicht nur ideengeschichtlich, sondern auch ideenpolitisch, d.h. als strategisch eingesetztes Diskurselement und identitäres Narrativierungsangebot. In diesen werden grundlegende Fragen nach historischen Trajektorien und moralischen Orientierungsquellen der russischen bzw. (post-)sowjetischen Gesellschaft thematisiert. Die Prämisse lautet hierbei, dass es in der wesentlich auch künstlerisch und literarisch vermittelten Rede von Säkularisierung zumeist um normative Fragen der (Il-)Legitimität einer geschichtlichen Entwicklung und einer gegenwärtigen Situation oder um geschichtsphilosophische Konstruktionen struktureller Analogien zwischen Vergangenheit und Gegenwart geht."