Die vergessenen Vertriebenen Osteuropas – Binnenflüchtlinge in Georgien und der Ukraine
Das sind wir:
Malin Wilkens, Philip Eberle, Juliane Bloch, Martin Dumsch, Giorgi Tzirekidze, Eileen König, Franz Hensel
Was wir machen:
1,5 Millionen Menschen sind bis heute vor Krieg und humanitären Missständen aus dem Donbass in andere Teile der Ukraine geflohen. Damit findet vor unseren Augen die größte Flüchtlingswelle innerhalb Europas seit dem Zweiten Weltkrieg statt. Beispiele anderer Territorialkonflikte in Osteuropa legen nahe, dass der Großteil dieser Vertriebenen niemals zurückkehren wird. Was passiert mit ihnen, und können wir helfen?
In Georgien warten seit über zwei Jahrzehnten Hunderttausende von Vertriebenen auf ihre Rückkehr in die Heimat. Oft wohnen sie in Kollektivzentren, provisorischen Unterkünften, die nie für eine dauerhafte Bewohnung gedacht waren. Andere hatten das zweifelhafte Glück, in Neubausiedlungen auf dem Land untergebracht zu werden, ohne Busverbindung zum nächsten Krankenhaus oder einer Schule. Landesweit herrscht unter den IDPs (Internally Displaced Person) Arbeitslosigkeit, Armut und das nostalgische Warten auf eine bessere Zukunft in der alten Heimat. Integration und ein selbstbestimmtes Leben sehen anders aus.
Gehen wir von der georgischen Erfahrung aus, entsteht mit der internen Vertreibung zurzeit das hartnäckigste und größte sozio-ökonomische Problem in der Ukraine. Neben Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit ist Vertreibung auch Nährboden für andere gesellschaftliche Probleme wie Populismus, Ausgrenzung, Menschenhandel und andere Kriminalität.
Um das gesamte Spektrum an Problemen zu verstehen, sind wir nach Georgien gefahren. Dort haben wir uns ein umfassendes Bild der Lage vor Ort gemacht. Wir trafen uns mit Politikern, Aktivisten, Experten und Betroffenen, und analysierten mit ihnen gemeinsam die Situation.
Das sind unsere Ergebnisse:
Wir glauben, dass es noch nicht zu spät ist, in der Ukraine ein georgisches Szenario zu vermeiden. Dafür müssen Staat, Zivilgesellschaft und internationale Organisationen koordiniert und entschlossen handeln. Nachhaltige Maßnahmen müssen in den Bereichen Unterbringung, humanitäre Hilfe, Arbeitssuche, Bildung, Integration und Traumabewältigung auf den Weg gebracht werden.
In den Interviews haben wir den Sinn und Unsinn einiger Maßnahmen besser verstehen können. Das Beispiel Georgien lehrt uns, dass gutgemeinte Gesetze hässliche Nebenwirkungen haben können. Auf den ersten Blick sinnlose Maßnahmen können sich wiederum nach Jahren als förderlich erweisen. Bei den vielen unterschiedlichen Erfahrungen und Sichtweisen, die in Georgien mit uns geteilt wurden, gab es aber stets einen Konsens: Das Wichtigste ist und bleibt der politische Wille, sich mit den Problemen der Binnenflüchtlinge ernsthaft auseinanderzusetzen, eine politische Beteiligung zu ermöglichen, und Hilfe zur Selbsthilfe zu gewährleisten.
Unsere Projektarbeit wird in der Ukraine fortgesetzt.