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Storyline Georgia: Ten Years After

Grenzerfahrungen. Schicksale georgischer Binnenflüchtlinge

Grenzerfahrungen. Schicksale georgischer Binnenflüchtlinge
Bildquelle: Lima Shanglia (Gestaltung), Temur Bartava (Foto)

Projektvorstellung in der Georgischen Botschaft Berlin im August 2018

Projektvorstellung in der Georgischen Botschaft Berlin im August 2018
Bildquelle: Ricarda Lindau

Georgische Botschaft Berlin

Georgische Botschaft Berlin
Bildquelle: Ricarda Lindau

Zerrissene Familien, verlorene Heimat und die Flucht im eigenen Land: Georgien ist vom Krieg gezeichnet – bis heute. Die beiden abtrünnigen Republiken Abchasien und Südossetien scheinen zehn Jahre nach dem letzten Krieg noch unerreichbarer. Bei einer Reise durch Georgien entlang der Demarkationslinie entstand eine Sammlung von Schicksalen, die tief berühren, schmerzhaft und zugleich hoffnungsvoll sind: Sie geben einen Einblick in das Seelenleben einer ehemaligen Sowjetrepublik, die seit ihrer Unabhängigkeit 1991 nicht zur Ruhe kommt. Und doch schöpft Georgien Hoffnung auf eine stabile Zukunft, in der die Identität des Landes einen festen Platz im Kaukasus und in der Welt hat. Die Geschichten in diesem Buch bieten keine politische, sondern eine menschliche Perspektive auf den Konflikt zwischen Georgien und Russland. Sie wurden von Georgiern erzählt, um ein Aufhorchen zu erzeugen und der Welt ihre Version darzustellen."  (Klappentext des entstandenen Buches Grenzerfahrungen. Schicksale georgischer Binnenflüchtlinge") 

Gruppenmitglieder: 

Dennis Kekic, Ricarda Lindau, Anna Madaras, Jacqueline Rother, Marco Schulze, Florian Nolte

Projekt:  

Im August 2018 jährt sich zum zehnten Mal der Kaukasuskrieg. Der bewaffnete Konflikt zwischen Georgien und den abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien war nach fünf Tagen offiziell beendet. Seitdem gilt der Konflikt als eingefroren. Russland, welches beide abtrünnigen Gebiete seit dem Beginn des Konflikts militärisch und finanziell unterstützt, ist eines der wenigen Länder, das Südossetien und Abchasien als unabhängige Republiken anerkannt hat. Durch Vermittlung internationaler Organisationen und mit Hilfe von Beobachtermissionen konnte eine erneute Eskalation des Konfliktes verhindert werden. Die Separationen bleiben bis heute de facto bestehen und Georgien hat keine Herrschaftsgewalt über diese Gebiete. Wirtschaftliche Folgen durch den Krieg und das Einfrieren der georgisch-russischen Beziehungen konnten teilweise durch die finanzielle Unterstützung der EU aufgefangen werden. Trotz der kurzen Dauer der militärischen Auseinandersetzung gibt es bis heute massive Auswirkungen auf die Zivilgesellschaft der Region. Beispielsweise verloren durch Vertreibungen ca. 260.000 Menschen ihre Heimat (http://mra.gov.ge/eng/static/55).

Georgien und das Leben nach dem Krieg finden in der deutschen Berichterstattung kaum Raum. Abseits akademischer Betrachtungen fehlt ein Bewusstsein für die zivilgesellschaftlichen Folgen und die Situation der Bevölkerung. Diese musste nicht nur einen Krieg miterleben, sondern muss nun mit dem Status-quo und der Nicht-Lösung des Konfliktes leben. Daher ist die Leitfrage unseres Projektes: Wie beeinflusst der Kaukasuskrieg auch noch ein Jahrzehnt später die Zivilgesellschaft?

Diesen Konflikt und seine bis heute andauernden Folgen darzustellen, ist Ziel unseres Projekts. Wir wollen unsere Untersuchungen auf der Mikro-Ebene durchführen und individuelle Geschichten in den Vordergrund rücken. Dabei unterteilt sich das Projekt in zwei Phasen: Die erste Phase, die eine Recherchereise im April 2018 nach Georgien umfasst, dient der Durchführung von Interviews. Der zweiwöchige Aufenthalt soll dazu dienen, auch außerhalb der Hauptstadt Tiflis andere Regionen aufzusuchen, um unterschiedliche Lebenssituationen zu erfassen und mit den Menschen vor Ort in Kontakt zu treten. Als Gesprächspartner möchten wir eine möglichst große Vielfalt an Personen erreichen: Journalisten, Soldaten oder vertriebene Familien, die unterschiedlichen Alters und Herkunft sind. Die Gespräche sollen als offene Interviews geführt werden und fotodokumentarisch begleitet werden.

In der zweiten Phase sollen diese Ergebnisse in einem Bildband mit den Einzelgeschichten und Portraits der befragten Georgierinnen und Georgier veröffentlicht werden. Unser Ziel ist es, die Geschichten hinter den Gesichtern zu erzählen und Einzelerfahrungen anstatt repräsentativen Ergebnissen zu vermitteln. Dazu werden die Interviews essayistisch aufbereitet. Ungefähr 25 einzelne Geschichten sollen in einem Buch präsentiert werden. Bildlich soll dieses Buch durch landschaftliche Eindrücke, die während der Reise gewonnen wurden, unterstützt werden. Zudem wollen wir einen deutsch-georgischen Dialog ermöglichen und die Publikation daher zweisprachig, auf Deutsch und Georgisch, auflegen. Unsere Publikation soll auf der Frankfurter Buchmesse, dessen Ehrengast Georgien 2018 ist, präsentiert werden. 

Wir wollen mit diesem Projekt einen Beitrag zum nichtwissenschaftlichen Diskurs schaffen und der Zivilgesellschaft Georgiens eine Stimme geben, ihre Geschichten selbst zu erzählen. Die Publikation bietet in Deutschland neue Blickwinkel auf Georgien, seine Bevölkerung und deren Erfahrungen da es bis dato noch keine ähnlichen Publikationen gegeben hat. In allgemeinerer Betrachtung kann es auch dazu dienen, das Bewusstsein für die Folgen von ungelösten Konflikten zu schärfen.

Förderung:

Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit