LEHRVERANSTALTUNGEN
Geschichte
- Geschichte der Sowjetunion – Robert Kindler
Die Vorlesung vermittelt einen problemorientierten Überblick zu Kernfragen der sowjetischen Geschichte. Neben den „großen Linien“ einer Geschichte des politischen Systems und markanter Akteure konzentriert sich die Vorlesung insbesondere auf soziale Phänomene. Besondere Aufmerksamkeit gilt Entwicklungen in den Unionsrepubliken (z. B. Ukraine oder Kasachstan) und an den Peripherien des sowjetischen Staates.
- Verheertes Land. Die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg – Robert Kindler
In diesem Seminar geht es um Menschen im Krieg. Welche Handlungsoptionen und -spielräume hatten unterschiedliche Bevölkerungsgruppen der Sowjetunion – an der Front, im Hinterland, aber auch in den von den Deutschen besetzten Gebieten? Das Seminar problematisiert die komplexen Zusammenhänge von Repression und Mobilisierung bzw. Kollaboration und Zwang unter den Bedingungen eines existenziellen Krieges. Zudem geht es um die Folgen des Krieges für die sowjetische Gesellschaft des Spätstalinismus: Welche Geschichten vom Krieg konnten erzählt werden und worüber sollte Schweigen bewahrt werden?
- Zäsuren, Kontinuitäten und Transfers. Einführung in die Geschichte Osteuropas – Robert Kindler
Wo liegt eigentlich „Osteuropa“ und was genau ist mit diesem Konzept gemeint? Gibt es so etwas wie eine „Geschichte Osteuropas“? Diese Fragen stehen am Anfang dieses Einführungsseminars, das Zugänge zur osteuropäischen Geschichte eröffnet. Im Zentrum der methodischen und konzeptionellen Diskussionen stehen „Zäsuren“, „Kontinuitäten“ und „Transfers“, anhand derer Grundprobleme einer Historiographie des östlichen Europas diskutiert werden sollen. Ein mögliches Ergebnis des Seminars könnte lauten: „Die“ Geschichte Osteuropas gibt es nicht.
- Moskau und Peking. Eine Beziehungsgeschichte 1689–2022 – Martin Wagner
Russland und China waren einander ein stetes Gegenüber; ein Gegenüber, dem sie sich – ganz gleich ob in Freundschaft, Gleichgültigkeit oder Feindschaft – nicht entziehen konnten. Denn als imperiale Großreiche, sozialistische Supermächte, autoritäre Gewaltregime glichen sie einander, verglichen einander, konkurrierten und kooperierten, waren in Annäherung getrennt, in Abgrenzung geeint. Vom Jahr 1689, als sie die gemeinsame Territorialgrenze setzten, bis in die Gegenwart des Jahres 2022, als sie andernorts territoriale und symbolische Grenzen überschritten, verband Russland/die Sowjetunion und China eine wechselvolle Geschichte. Diese Interaktion war mehr als die Summe außenpolitischer Entscheidungen und diplomatischer Vereinbarungen. Sie ist die Geschichte von Wahrnehmungen und Einflüssen, vom Abarbeiten „am Anderen“ und zuweilen der Übernahme ins Eigene. Wie generierten Moskau und Peking Wissen übereinander? Wann und wo verschoben sie ihre Einflusssphären? Was lernten sie (nicht) voneinander?
- The Soviet Union and Russia in the Age of Climate Change (1970s – Present) – Benjamin Beuerle
This seminar focusses on Russia's relationship with climate change and the evolution of this relationship over time. Contributions of Soviet scientists to climate science, debates on climate change in the Russian media, consequences of climate change in and for Russia as well as the positioning of Russian politicians in national and international climate policy will all be discussed. As will become clear in the course of the seminar, climate change matters for Russia – and Russia matters for the world´s climate.
Politik und Soziologie
- Varieties of Post-Socialist State-Society Relations – Sebastian Hoppe; Mihai Varga
This class is an interdisciplinary Student-X-Research Project funded by the Berlin University Alliance (BUA). It addresses the restructuring of state-society relations across the post-socialist region towards a far-more outspoken role of the state in the economy and society, often at the expense of liberal democracy. Our project studies the contours and varieties of this statist restructuring, uncovering which post-socialist countries are affected by it, which ones are not, and why. From a comparative perspective, we want to evaluate the fruitfulness of different concepts which have tried to capture state-society relations in the post-socialist region. We seek to elaborate a specification of state-society relations concerning the emerging post-socialist developmental statism. In a first step, we explore in detail four paradigmatic post-socialist cases: Poland and Hungary for East-Central Europe, Russia for post-Soviet Eastern Europe, and Kazakhstan for Central Asia. By doing so, we will establish what this statist shift is about and what social forces supported its emergence. We will also shed light on the ideational sources, actor networks and international linkages surrounding the shift. The economies in the four paradigmatic cases have seen a broad range of increases in state involvement, from the banking sector to the extraction and commercialisation of natural resources. At the same time, civil society has seen a major push to advance conservative positions over families, the public role of religious organisations, and the regulation of - particularly foreign-funded - NGO’s activities. Transnational modes of integration have changed as well, as to constitute emerging alternatives to post-1989 models of Euro-Atlantic integration. These alternative modes range from the Three Seas Initiative to the Eurasian Economic Union and the New Silk Road. In a second step, we explore for each cluster (East-Central Europe, post-Soviet Eastern Europe, Central Asia) which countries other than the paradigmatic cases follow in on this shift and whether they require reconfiguring established concepts. Likewise, we will evaluate where post-socialist developmental statism could not take root thus far and why. We aim to clarify which aspects of the economy and civil society change and why, and how and to what extent transnational integration initiatives have indeed been materialising. With the instructors’ help, students will publish their research results in small, collaborative working papers after the end of the seminar.
Kultur
- Zeugnisse des Kriegs – Susanne Strätling
Kriege gehören zu den Ereignissen, die nicht erst retrospektiv, sondern bereits im Moment ihres Vollzugs auf ihre Bedeutung für die Geschichte befragt werden. Zentral für diese Versuche, militärische Akte von Gewalt, Tod und Zerstörung durch historische Einordnung zu rationalisieren, ist nicht zuletzt die Dokumentation von Kriegshandlungen und die Sammlung von Kriegszeugnissen. Dabei bleibt gleichwohl zu berücksichtigen, dass Kriegszeugnisse sich dem systematisierenden und klassifizierenden Zugriff von Sammlung und Sinngebung nicht selten entziehen. Denn ihnen liegt eine Erfahrung zugrunde, die außerhalb der Reichweite des ‚distant reading‘ der Daten und Fakten bleibt. Im Seminar werden wir uns mit dieser Ambivalenz des Zeugnisablegens auseinandersetzen. Was ist ein Zeugnis? Was bedeutet es, etwas zu bezeugen? Wer oder was verfügt über die Autorität des Bezeugens? Um diese Fragen zu beantworten, werden wir uns nach einer Orientierung in den theoretischen Zeugenschaftsdebatten primär mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine beschäftigen. In dem Maße jedoch, wie dieser Krieg immer wieder in Bezug zum Zweiten Weltkrieg gesetzt wird, werden wir unseren Blick historisch weiten. Zentral für die Seminararbeit ist die eigene Recherche in Arbeitsgruppen. Im Rahmen dieser Arbeitsgruppen erstellen Sie über den Verlauf des Semesters eine kommentierte Dokumentation von Kriegszeugnissen, die auf einem seminarabschließenden Workshop im Februar vorgestellt und diskutiert werden. -
Flucht, Trauma und Erinnerung in der georgischen Gegenwartsliteratur und im Film – Irine Beridze
Die Geschichte des postsowjetischen Georgiens ist durch Kriege in Abchasien und Südossetien maßgeblich geprägt. Die russischen neoimperialen Ansprüche im Südkaukasus spiegeln sich bis in die Gegenwart in den fortbestehenden militärischen Konflikten der Region wider. Die kollektiven und individuellen Erfahrungen von Krieg und Vertreibung formieren die politischen, sozialen und kulturellen Prozesse des unabhängigen Georgiens. Die postsowjetische georgische Literatur- und Filmtradition greift bereits Anfang der 90er Jahre in ihrer Genrevielfalt die Kriegs-, Flucht- und Traumanarrative auf und treibt den Prozess der Aufarbeitung von historischen Ereignissen intensiv voran. Die ersten georgischen postmodernen literarischen Schreibpraktiken, die sich in dieser Zeit formieren, behandeln in unkonventionellen Erzählmustern und jenseits klassischer Opfer- und Täternarrative komplexe Kriegsparadigmen, erinnerungspolitische Fragestellungen und traumatische individuelle und kollektive Schicksale. Das Seminar hat zum Ziel, die literarische Repräsentationen von Kriegsdynamiken (Bürgerkrieg in Tbilissi, Abchasienkrieg und der so gen. Augustkrieg in 2008) und deren ästhetische Darstellungen in den fiktionalen Erinnerungsnarrativen aufzugreifen und sie im Hinblick auf nationale Identitätsbildungsprozesse zu reflektieren. Dabei spielen die Fragen nach Erzählbarkeit von Gewalterfahrungen in literarischen und filmischen Werken und nach ästhetischen Inszenierungen von Trauma- und Gewaltgeschichten eine zentraale Rolle. Mit der text- und filmanalytischen Arbeit werden die Romane und Erzählungen von Aka Morchiladze („Reise nach Karabach“, 1992), Zaza Burchuladze („Adibas“, 2009), Tamta Melaschwili („Abzählen“, 2011) und die Spiel- und Dokumentarfilme von Dito Tsintsadze („An der Grenze“, 1993; „Schindisi“, 2019), Giorgi Owaschwili („Das andere Ufer“, 2009), Zaza Uruschadze („Tangerines“, 2013) Rusudan Glurjidze („Das Haus der Anderen“, 2018) u. a. behandelt. -
Einführung in die Kulturwissenschaften: Theorien, Systeme, Methoden – Clemens Günther
Osteuropa ist historisch wie gegenwärtig einer der spannendsten und dynamischsten Kulturräume. Das Seminar möchte Ihnen das Rüstzeug an die Hand geben, mit dessen Hilfe Sie diesen Raum durchschreiten und lesen können. Solche Lesekünste werden Ihnen nicht nur hilfreich sein, wenn Sie den Fachschwerpunkt Kultur studieren möchten, sondern auch als interdisziplinäre Ergänzung zu anderen Schwerpunkten. Das Seminar untersucht kulturelle Weltverständnisse von Natur, Raum, Fiktion und Realität, ausgewählte Grundbegriffe der Kulturwissenschaften sowie Theorietraditionen aus Osteuropa und gesellschaftspolitische Implikationen von kulturellen Artefakten in diskursiver, postkolonialer und feministischer Hinsicht . Kulturtheoretische Paradigmen werden dabei so weit wie möglich mit Primärmaterialien aus Film, Literatur, Bildender Kunst, Musik und Architektur in Beziehung gesetzt, um ihre analytische Relevanz am Material zu plausibilisieren. Die Primärmaterialien, die sowohl kanonische als auch eher marginalisierte Vertreter umfassen, stammen aus Mittelosteuropa, Südosteuropa, dem Kaukasus, Zentralasien und dem postsowjetischen Raum. In methodischer Hinsicht sollen zentrale text- und/oder kontextorientierte Verfahren der literatur- und kulturwissenschaftlichen Analyse vorgestellt werden (voraussichtlich u.a. close reading, Narratologie, Diskursanalyse). Das Seminar ist sowohl als Einführung in kultur- und literaturwissenschaftliche Analysemethoden als auch zur Vertiefung des Wissens für bereits vorgebildete Studierende geeignet. Es bietet Ansatzpunkte, um zentrale Fragen der Kulturwissenschaft zu beantworten: Was ist die Funktion von Kunst in der Gesellschaft? Was macht Kunst und Literatur aus? Welche Bedeutung hat die Form für den Inhalt von Kunst und Kommunikation?
Politik
- Experiments in Political and Social Sciences – Alexander Libman
One of the key transitions experienced by modern social and political sciences was the departure from using primarily observational data and move towards more active use of experiments - an approach, which social sciences originally believed to be inappropriate for their subject matter. Meanwhile, experimental research constitutes the core of modern quantitative social science methodology, receiving a lot of acclaim, but also a lot of criticism. The goal of the seminar is to review the existing approaches to experimental research (lab experiments, field experiments, survey experiments and natural experiments), their advantages and disadvantages. We will pay a particular attention to limits, alternatives to, and possible avenues of future development of experimental research. -
Gulag and the Legacy of Political Repressions – Anna Abalkina
Political repressions have long-term economic, political and economic consequences for society. In this course, we’ll study the history of repressive camps GULAG in the Soviet Union and their legacy. In this course, we’ll address the following questions. Did Gulag and repressions influence political preferences in post-Soviet countries? If yes, what were the channels of such impact? What were the social consequences of political repressions and for how long the intergenerational trauma can be traced? We also discuss the system of prisons as a repressive mechanism in modern Russia. Special emphasis will be given to the memory of GULAG in modern Russian society and how it differs from the memory of political violence in other countries. -
Corruption in Higher Education in Russia: Challenges and Responses – Anna Abalkina
Today there is a rising concern about corruption in universities at the global and national levels. Corruption in higher education as a social phenomenon has a negative impact on economic development and violates academic ethics and the rule of law. The goal of the class is twofold. In the first section, we’ll address the general questions about corruption in higher education. Why do students and faculty members are subject to corruption and is higher education in some countries more corrupt and is it related to the countries’ perception of corruption? What are non-monetary forms of corruption and violation of academic ethics by students and faculty members? What are the social costs and consequences of corruption in universities? In the second section of the course, a special emphasis will be given to the experience of Russia. Russia is an exceptionally interesting case to study because, on one hand, the corruption is widespread, on the other, this is one of few countries, if not the only one, where there are systematic checks on selected forms of corruption (for example, studies on academic misconduct). We also discuss top-down and grassroots anti-corruption policies and initiatives in Russia and their effectiveness.
Soziologie
- Theories on Formal and Informal Institutions – Katharina Bluhm
The class aims to provide students with a thorough foundation in the social science scholarship on institutional change, covering evolutionary (path dependency) and revolutionary aspects. The class introduces major schools of institutionalist thought and discusses how they interpret social change. The fact that institutions can be both formal and informal makes creating a comprehensive theory of institutional change particularly difficult. Informal institutions are of great importance for both functioning and change of formal institutions. Moreover, in some societies, informal institutions play a more critical role in “getting things done” than in others. A somewhat simplified way of classifying societies regarding the importance of informal institutions is the “north”- south” gap or the difference between liberal market societies and democracies vs. less advanced or authoritarian countries. The seminar explores the theoretical reasoning behind the existing empirical findings on institutional change. It enables its participant to apply various scholarly concepts for studying and discussing specific cases of the interaction of formal and informal institutions, as well as blocked and accelerated change. - Research Design and Qualitative Methods – Mihai Varga
The seminar conveys knowledge about the principles of empirical social research with a focus on qualitative research design, meaning the development of research questions and hypothetical answers coupled with the refinment of hypotheses through case selection and fieldwork. We will further discuss and train interviewing techniques with an emphasis on interpretative approaches. Finally, we will deepen the insights gained in class via a small empirical research project. The seminar motivates students to uncover their own topics and supports them in developing term papers and MA theses. -
Post-kommunistische Transformation – Mihai Varga
Die Transformation post-kommunistischer Gesellschaften ist von einer - im internationalen Vergleich einzigartigen - gleichzeitigen Einführung von Kapitalismus und Demokratie geprägt. Trotz vermeintlich ähnlicher Ausgangslage sind die Ergebnisse dieser Transformation in Mittel- und Osteuropa höchst unterschiedlich. Das bei genauerem Besehen divergierende historische Erbe, die Rolle von Eliten und Gegen-Eliten, der Einfluss externer transnationaler Akteure sind deshalb genauer zu betrachten. Das Seminar vermittelt einen breit angelegten Überblick über zentrale Konzepte, Kontroversen und Befunde zur Transformation der mittel- und osteuropäischen Länder, die Gemeinsamkeiten wie Unterschiede dieses Verlaufs und dessen Ergebnisse erhellen. In Anlehnung an Karl Polanyi wird der Schwerpunkt auf die politische Implementierung des Marktes und des Privateigentums gelegt, die etwa in Polen anders aussah als in Russland. Im Seminar besprechen wir Entwicklungen welche die letzten 25 Jahre umfassen, von den Auswirkungen des variierenden kommunistischen Erbes, über das Fehlen einer Mittelschicht und Bildung von Oligarchen in Russland und Ukraine, die post-kommunistische Mortalitätskrise und Überlebensstrategien, und bis zu „Ostalgie“ und dem Aufkommen solcher politischen Kräfte wie Viktor Orbans Fidesz und Polens Partei der Recht und Gerechtigkeit.
Volkswirtschaft
- Economic History of Russia, Eastern Europe and Eurasia – Theocharis Grigoriadis, Margarita Maximova
This is a course on the economic history of Russia, Eastern Europe and Eurasia. The first part of the course will focus on the economic systems of the Russian, Austro-Hungarian, German and Ottoman Empires. The second part of the course will concentrate in the analytical and structural determinants of communist economic organization with reference to the Soviet Union and beyond. The third part of the course will deal with the political economics of post-socialist transition. - International Macroeconomics – Theocharis Grigoriadis, Ali Reza Rahimi
This is a course on international macroeconomic theory and policy. The first part of the course will concentrate on the balance of payment, models of intertemporal trade, international capital flows as well as solvency and debt crises. The second part of the course shifts toward models of international finance, including the Mundell-Fleming model. Finally, we discuss theoretical and empirical topics in international economic policy with a strong focus on the political economy of monetary policy and financial crises. - Topics in Polish and Ukrainian Development – Oliver Wach
This course examines a selection of the major themes in the economic development of Poland and Ukraine. The first part of the course presents and discusses the political and economic environment of the region in the first part of the 20th century und up to World War II. The second part tracks the evolution and decline of the centrally planned economies by underscoring the comparative differences between the two economies under socialism. The third part of the course deals with transition and its challenges as well as with the conflict in Ukraine and the rise of populism in Poland.