Die Barbaren-Union
Die Barbaren-Union - von sieben Frauen, die auszogen Osteuropa zu (er-)finden
Die Europäische Union – soll es das gewesen sein? Eine Gemeinschaft dient dem Wohl aller in ihr lebenden Menschen, garantiert Freiheiten und Rechte. Die Verfassung sollte die gemeinsame Grundlage sein. Was sind wir denn für eine Gemeinschaft? Was hält unser „beeindruckendes Friedenswerk“, wie es Angela Merkel zum Antritt der EU-Ratspräsidentschaft formulierte, ohne Verfassung denn zusammen? Die Stimmung ist schlecht, die Franzosen sagen „Non“ und die Niederländer „Nee“! Und es grassiert die Angst vor dem polnischen Klempner.
Wir bieten Ihnen eine Alternative an: Die Barbaren-Union. Hier herrscht pragmatische, ausgedünnte Bierdeckel-Bürokratie, sieben Verfassungspunkte stehen im Gegensatz zu dem über 300 Seiten „starken“ Verfassungstext der EU. Wir setzen der EU eine osteuropäische Gemeinschaft entgegen, die Fremdes und Eigenes vereint. Die Begriffe Zivilisation und Barbarentum prägten in der Neuzeit die West-Ost Antithese. Der positive Begriff von Zivilisation sicherte Jahrhunderte lang den negativ konnotierten Barbarenbegriff. Der zivilisierte Mensch denkt in Schwarz-Weiß, damit wollten wir spielen. In der Barbaren Union werden Schwächen in Stärken, Vorurteile in Vorteile umgewandelt. Mit dem eigenen Blick auf Osteuropa setzten wir uns kritischer Selbstreflexion aus. Die Ergebnisse waren und sind offen, es bleibt also weiterhin spannend. Als heterogene Gruppe waren wir die optimale Besetzung für dieses anmaßende Vorhaben. Wir kommen aus fünf verschiedenen Ländern: Georgien, Frankreich, der Ukraine, Bosnien-Herzegowina, Deutschland und einem sechsten, fast vergessenem Land, der DDR. Der selbstbewusste, arrogante westeuropäische Blick trifft auf die ungehobelten und wilden Barbaren-Augen des Ostens.
Nach einem Jahr kreativer gedanklicher und gestalterischer Vorbereitung, intensiven, zum Teil auch kontroversen, Diskussionen präsentierten wir unser barbarisches Ergebnis am 30.10.2007 im Rahmen einer Abendveranstaltung. Als Ort wählten wir den Ackerkeller in der Bergstraße im Prenzlauer Berg. Dorthin luden wir das Publikum auf eine utopische Reise ein. Mit dem Ziel diese für unsere Idee, einer neuen Gemeinschaft, der Barbaren-Union, zu gewinnen. In einer kurzen Rede stellte jedes Gruppenmitglied einen Verfassungspunkt vor und verteidigte diesen. Je nach Studienschwerpunkt der Darsteller wurden die Punkte „Die Gesellschaft der Tropfen! – Lasst uns gemeinsam schwimmen gehen!“, „Menschliche Arbeit statt Geld! – Arbeitsstunde ersetzt Euro!“, „Der barbarische Lebenslauf kennt viele Umwege! – Mut zur Lücke und um Bummeln!“, „Der Nordpol gehört uns! – Unsere Energieversorgung ist nachhaltig gesichert!“, „Lasst eure Augen unter dem blauen Himmel der BU erleuchten!“, „Esst so viel euer barbarischer Körper braucht!“, „Wer nicht mit uns feiert, der feiert gegen uns!“ präsentiert.
Zur Untermauerung und Verdeutlichung der Aussagen kamen Kostüme, Musik, Beamer und vielfältigste Accessoires vom Ei bis zur Fellmütze zum Einsatz. Die Präsentation gestaltete sich als performativer Akt: das Publikum sollte aktiviert werden. Mit dem Eintritt in das Kellergewölbe begann das barbarische Abenteuer der eher ungewöhnlichen Art. Heraus kamen zahlreiche neue Mitglieder unserer fiktiven Barbaren-Union und vielleicht der ein oder andere Denkanstoß die EU, ob in ihrer östlichen, südlichen, westlichen oder nördlichen Ausdehnung, aus neuer Perspektive zu betrachten und zu hinterfragen.